Ort: Allschwil, BL · Datum: 21.3.2010 · Fall: Tötungsdelikt
Das Tötungsdelikt an Ana Paula Arruda (31†) ist bis heute nicht geklärt. Trotz umfangreicher Ermittlungen der «Task-Force Cold Case» der Polizei Basel-Landschaft in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft und des Polizeipräsidiums München führte dies nicht zum Täter. Am 7. November 2022 gibt es eine Medienkonferenz zur Wiederaufnahme der Ermittlungen in diesem Cold Case, welche gleichzeitig ein erneuter Fahndungsaufruf darstellen soll.
Das Opfer
2006 Anna Paula Arruda (31†), geboren am 14.06.1975, stammt aus Brasilien. Mit 21 Jahren heiratet sie einen Schweizer und zieht zu ihm nach Basel. Nach der Geburt des zweiten Kindes geht die Ehe 2002 in die Brüche. Die inzwischen 31-jährige wird drogenabhängig und stürzt ab. Um ihren täglichen Drogenkonsum zu finanzieren, verkauft sie sich auf den Strassenstrich von Basel.


Aufgrund ihrer Situation und mehreren Klinikaufenthalten, wird Ana Paula Arruda einer Vormundschaft unterstellt und muss Auflagen erfüllen. Wöchentlich erhält sie CHF 250.- Taschengeld, worüber sie sich oft beschwert, weil es nicht ausreichen würde. Die Erkrankung führt auch dazu, dass sie lautstarke Selbstgespräche führt. Dadurch fällt sie immer wieder auf. Der Tagesablauf dreht sich also im Wesentlichen um die Beschaffung von Geld für ihre Kokainsucht.
Zusammen mit anderen Prostituierten hält sich Anna Paula Arruda (31†)regelmäßig für kürzere Erholungspausen in der Wohnung eines Bekannten an der Haltingerstrasse 4 auf, unweit des Baseler Strassenstrichs beim Claramatte-Park. Der Park ist auf Abb. 3 ebenfalls zu erkennen.
Die Tat
Letzmalig Letztmalig gesehen wurde Anna Paula (31†) im Zentrum von Basel, wo sie gelegentlich Unterschlupf in der Wohnung eines Bekannten und falls diese Wohnung war an der Haltingerstrasse 4. Diese hat sie am 2. September 2006 gegen 06:00 Uhr morgens verlassen.
Dann ging sie vermutlich zum nahe gelegenen Strassenstrich im Bereich Clara/Clarastrasse und den Claramattepark, wo sich Anna Paula Arruda (31†) oft aufgehalten hat. Die Ermittler vermuten, dass sie sich irgendwo in diesem Bereich aufhielt, dort auch oft ihre Männer getroffen hat. Möglich ist auch, dass Ana Paula Arruda (31†) ihren Mörder bereits gekannt hat.
Wie ging es dann weiter? Sie wird im Bereich Clara auf ihren Mörder getroffen sein. Sie stieg in sein Auto und wurde zum Tatort gefahren. Der genaue Tatort ist aber nicht bekannt. Ob es zur Tat auf einem im Bereich des Ablageortes der Leiche gelegenen Waldparkplatz geschah oder am Ablageort selbst, kann somit nicht bestimmt werden. Wohl ausschliessen kann man, dass sie bereits in der Stadt getötet wurde, bestand doch dort noch die Möglichkeit, in eine Polizeikontrolle zu geraten.
Um den Strassenstrich an der Claramatte herrscht zwischen 4:00 und 07:00 Uhr am Morgen Hochbetrieb. Viele Fabrikangestellte aus der Region Basel haben zu dieser Zeit Schichtwechsel. Unter ihnen sind auch Pendler aus Frankreich und Deutschland. Ist der Mann, nachdem die Polizei sucht, einer dieser Pendler? Wie viele Männer Anna Paula an diesem Samstagmorgen trifft, lässt sich nicht sagen.
Anna Paula Arruda (31†) wurde gegen 08:15 Uhr in einem Waldstück südlich von Allschwil und 7 km vom Stadtzentrum Basel entfernt gefunden. Der Fundort war nahe der Oberwilerstrasse auf Höhe der Gemeinde Binningen. ie Ermittler gehen davon aus, dass der Täter Ortskenntnisse hatte. Er kannte nicht nur den Strassenstrich von Basel, sondern auch den Wald bei Allschwil genau, wo er die Leiche abgelegt hat. Es liegt nahe, dass sich der Täter damals häufiger an diesem Strassenstrich aufgehalten hat. Die Ermittler interessieren logischerweise Hinweise aus dem Milieu.
Der Täter / Das Täterprofil
Durch die Zusammenarbeit mit Spezialisten aus München, haben die Ermittler recht konkrete Vorstellungen über den Täter. Der Mann dürfte zur Tatzeit zwischen 25 und 33 Jahre alt gewesen sein. Er lebte vermutlich in geordneten Verhältnissen, vielleicht sogar in einer festen Parnerschaft, sogar mit Familie, in der er sein Doppelleben geheim halten konnte. Offensichtlich fehlt es dem Täter an jeglicher Empathie, scheint aber nicht einfach affektiv zu handeln. Die Tat scheint geplant, das Nachtatverhalten kontrolliert. Und er hat vermutlich Tötungsfantasien und eine Vorliebe für Gewaltpornografie. Diese könnte auch einer möglichen Partnerin aufgefallen sein.
DNA-Spuren am Tatort
Trotz der Tatsache, dass der Täter die Kleider des Opfers mitgenommen hat, konnten fremde DNA-Spuren gesichert werden. Die Ermittler sind hier aber zurückhaltend. Ob diese in Verbindung mit dem Täter gebracht werden kann, sei unklar. Dies ist dahingehend etwas überraschend, da es offenslichtlich nicht zum Geschlechtsverkehr gekommmen ist oder mehrere DNA-Proflie festgestellt wurden.
Welche Hinweise sind von besonderem Interesse?
- Gesucht wird ein milieubekannter Mann, der vor dem 2. September 2006 reglemässig den Strassenstrich in Basel aufsuchte, nach besagtem Datum aber plötzlich verschwunden ist.
- Ist im Milieu ein Mann bekannt, der längerer Zeit nach dem 2. September 2006 verschwunden blieb, dann aber wieder im Milieu gesehen wurde und sich nach dem Stand der Aufklärungen in diesem Mordfall erkundigte.
- Die Ermittler sprechen insbesondere Zeugen oder Hinweisgeber an, die damals wegen eines Konfliktes oder Abhängigkeitsverhältnis nicht aussagen konnten oder wollten, heute aber aussagen würden.
- Können Frauen - nicht nur im Milieu - gemäss dem Täterproflil Auskunft darüber geben, ob in der Partnerschaft Gewaltphantasien geäussert oder Gewaltpornographie konsumiert wurde
- Gibt es Frauen - nicht nur im Milieu, die Strangulationsversuche erleben mussten bzw. das Würgen zum sexuellen Verhalten des Mannes gehörte, darüber bis heute aber nicht sprechen konnten?
- Gibt es Personen, die von jemandem mit Tötungsphantasien konfrontiert wurden?
- Gibt es heute Personden, die über den damaligen Kontakt zu Ana Paula Arruda heute sprechen können. Insbesondere, ob sie in dieser Nacht in einem Gespräch über das spätere Treffen mit dem Täter gesprochen wurde?
Zeugenaufruf und hohe Belohnung
Wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft anlässlich einer soeben beendeten Medienkonferenz (7.11.2022) bekanntgaben, sind für die Strafverfolgungsbehörden alle Hinweise wichtig – selbst wenn diese noch so unwichtig erscheinen mögen.