Forensisches Profiling

Auf dieser Seite sollen forensische Profile von Tätern - auch Straftäterprofilig oder kriminelles Profiling genannt - anhand von ausgewählten Fällen aufgezeigt werden. Dies kann aber nicht ohne einen kritischen Blick auf die Methodik dieser Ermittlungsstrategie im Allgemeinen geschehen. Damit wird sich auch diese Seite ständig weiterentwickeln.

Einsatz der Ermitlungstechnik

Im westentlichen kommt diese Technik vor allem bzw. in erster Linie bei Gewaltverbrechen wie (Serien)- Mord, Sexualstraftaten und Brandstiftung zur Anwendung. Hier können Verhaltensmuster wesentliche Ermittlungsanleitungen liefern. Ein bekanntes Beispiel ist der Brandstifter, der selber Feuerwehrmann ist. Bis heute bleibt die Verwendung dieser Methoden umstritten, da Kritiker oft bemängeln, dass es keine empirischen Validierungen gibt. Damit ist gemeint, ob ein erstelltes Täterproflil tatsächlich geeignet ist. Denn es stützt sich auf subjektive Interpretationen. Daher sind heute datengesteuerte Methoden prägend, welche zu statistischen Analysen führen, um die Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu verbessern. Bei all diesen Vorgängen, darf die Ermittlungsarbeit aber nicht dem Fehler unterliegen, sich auf ein solches Täterprofil zu verlassen und für andere Ermittlungsansätze offen zu bleiben.

Geschichte des forensischen Täterprofilings

Der Vollständigkeit halber möchte ich hier keine Geschichtliche Abhandlung vornehmen, da es dazu genügend andere Quellen gibt. Ist ein historischer Kontext aber in einem Fall gegeben, werde ich darauf eingehen.

Tatmotiv: Mordlust

Allgemeine Erwägungen

Schon alleine das Verlangen zu töten, gilt einerseits als Mordmerkmal und kann für sich alleine bereits zu einer Tat führen. Dabei ist bemerkenswert, dass Motive wie Raub, sexuelle Gewalt, Vertuschen einer Straftat oder Zeugenbeseitigung gar keine Rolle spielen. Allenfalls ist es der Drang das eigene Selbstwertgefühl zu steigern oder wieder herzustellen. Bezeichnen ist auch, dass diese Täter vor der Tat oft das Bedürfnis haben, über ihre Gefühle bezüglich des Dranges zum Töten, zu sprechen. Dabei entwickeln sich gedanklich oft schon ganz genaue Vorstellungen zum Tathergang. Damit ist auch ein planmässiges Verhalten und somit ein Vorsatz gegeben.

Auch nach einer Tat ist es nicht selten, dass die Täter ebenso das Bedürfnis haben, über die Tat zu sprechen oder gar zu pralen. Dadurch können sie die Tat ein weiteres Mal durchleben und damit auch dem Gegenüber vermitteln, dass sie zu so einer Tat fähig sind, was wiederum den Selbstwert steigern soll. Oft werden solche Täter noch am Tatort festgenommen oder kurz darauf. Sie haben kein Bedürfnis, unerkannt zu bleiben. Das spielt in Ihren Gedanken gar keine Rolle. Manchmal vielleicht sogar im Gegenteil: Sie werden dadurch in ihren Augen medial "aufgewertet" und erhalten die erhoffte Aufmerksamkeit.

Oft sind solche Täter in gewissem Masse bereits vor einer Tat durch Agressivität, mangelnde Empathie oder gar Waffenbesitz aufgefallen.

Weiter auffällig: Hier sind wohl jugentliche Täter mitunter am häufigsten vertreten. Damit wird klar: Spricht jemand gegenüber einer Person solche Gedanken an, sind diese immer Ernst zu nehmen! Wird sogar eine ganz bestimmte Person genannt, ist sofortiges Handeln angezeigt!

Fallbeispiel: 18-jähriger stirbt nach Messerattacke vor Lidl - Tatverdächtiger (17) in Haft

Am Freitagmorgen, dem 2. Dezember 2022 (Eingang der Meldung bei der Polizei um 9:18 Uhr), wird vor der Lidl-Filiale an der Hauptstrasse in Böckten (BL), ein 18-jähriger mit dem Messer getötet. Der Tatverdächtige 17-jährige wird kurz darauf verhaftet. Dem Opfer wurden schwere Verwundungen im Brustbereich zugefügt. Der Bluttat soll ein Streit zwischen den beiden vorausgegangen sein. Dabei habe der minderjährige Täter zum Messer gegriffen. Mehrere Personen wurden Zeugen der tödlichen Attacke. Die Jugendanwaltschaft ermittelt, was bedeutet, dass so wenig wie nur möglich veröffentlicht wird. Bei Jugentlichen gilt ein besonders geschütztes Persönlichkeitsrecht. Zu diesem Zeitpunkt gibt es einen Zeugenaufruf der Polzei. Weitere Zeugen werden gesucht.

Bericht von 20min vom 21. Oktober 2025

20min macht bekannt, dass sich Täter und Opfer kannten. Beide waren in derselben Institution im Oberbaselbiet untergebracht. Zum Tatzeitpunkt waren sie in Begleitung eines Sozialarbeiters. Der Tatverdächtige galt bis zu diesem Zeitpunkt nicht als gefährlich, sei aber in der Vergangenheit als agressiv aufgefallen. Die Gewaltphantasien des 17-Jährigen hatten sich offensichtlich bereits gegen sein Opfer gerichtet. Eine Woche vor der Tat schrieb der Jugentliche einem Heimleiter, ob er den 18-jährigen "abstechen dürfe".

Im Bericht erhalten Opfer und Täter auch Namen. Beim Opfer soll es sich um Elyas Meierhofer (17†), beim Täter um Marko Beliani (17) handeln. Da hier nicht darauf verwiesen wird, dass es sich um Alias-Namen handelt, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Klarnamen handelt, wobei ich Alias-Namen nicht ausschliesse. Besonders tragisch: Beide befanden sich in einer Institution, welcher die Bewilligung wegen schwerwiegender Mängel entzogen wurde. Immerhin wurden in dieser Institution auch Hochrisikofälle untergebracht. Beobachter spricht von einem tödlichen Systemfehler.

Am Tatmorgen war eine Einkaufstour in den Lidl geplant. Neben Elyas und Marko waren weitere Jugentliche aus einer von mehreren Institution von Arrivo-Bene (hier: Bauernhof Wolfloch, Oltingen,BL) dabei, sowie ein Sozialarbeiter und ein Betreuer. Elyas (17†) soll auf dem Parkplatz noch ein Gipfeli gegessen haben, als er auf den Rest der Gruppe wartete. Marko versteckte ein Messer (oder ein Messer-Set) unter anderen eingekauften Artikeln. Marko (17) soll unvermittelt Elyas (17†) vor der Lidl-Filiale angegriffen haben.

Bekannt ist nur, dass Marko Beliani (17) bereits wegen Mordes verurteilt wurde. Über das Strafmass ist aufgrund der Zuständigkeit des Jugendgerichts nichts bekannt.

Bauernhof Wolfloch in Oltingen (BL)

Heute ist dieser Bauernhof zwar nicht als Biobetrieb ausgewiesen, beitreibt einen Hofladen und strebt mittels Fotovoltaik Energieautarkie an. Es werden auch Hofbesuche angeboten. Er ist im Internet leicht zu finden. Ein Link unter der Rubrik "Veranstaltungen" verweist noch immer auf arrivo-bene für weitere Infos und ein Gönnerkonto. Der Link ist aber nicht mehr aktiv. Ebenso scheint die ganze Website oder zumindest ein Teil davon nicht mehr betreut zu werden, da die Einträge unter der Rubrik "Neues & Altes" schon seit Mai 2019 nicht mehr nachgeführt werden. Die Betreuung von Jugentlichen in schwierigen Situationen wird auf alle Fälle nicht mehr erwähnt.

Fazit

Dieser Fall ist also typisch um einen Aspekt des Mordmerkmales Mordlust zu beschreiben. Alle Aspekte dieser Ausprägung sind erfüllt und wären durch professionelle Betreuung erkennbar gewesen. Dass der Betreuer bezüglich der Nachricht von Marko Beliani nicht reagierte, war fatal. Bei einer professionellen Betreuung wäre dies wohl nicht ignoriert worden.

Mordlust vs. affektives Tötungsdelikt

Mordlust ist ist deutlich vom affektiven Tötungsdelikt zu unterscheiden. Bei den affektiven Tötungsdelikten stehen Konflikte im Vordergrund. Solche können sich über längere Zeit aufbauen oder in einer Ausnahmesituation entstehen. Meisten werden diese durch Alkohol- und/oder Drogenkonsum verstärkt. Dabei kommt es zu einer massiven Herabsetzung der Hemmschwelle. Oft handelt es sich nicht um eine geplante Tat.

Quellen

  • 20min.ch, Berichte vom 2.12.2022, 4.12.2022 und 21.10.2025
  • Beobachter, Bericht vom 21.10.2025 (Bezahlartikel)
  • Photos (Abb. 1, Abb. 3, Abb. 5): Lukas Hausendorf/20min
  • Photos (Abb. 2, Abb. 4): BRK News
  • Photo (Abb. 6): Gandalf Weidemann/20min
  • Ich werde weitere Ausprägungen der Mordlust ergänzen und Ausführungen zu weiteren Mordmerkmalen erstellen, suche dazu aber noch geeignete Muster-Fälle. Vielleicht hat jemand von euch einen passenden Fall dazu. Gerne über das Formular "Hinweise" melden. Auch eure Meinung dazu interessiert mich.