DNA-Analysen

Ich möchte an dieser Stelle nicht die ganze Geschichte rund um die DNA-Analyse thematisieren, sondern den Stand einige Zeit vor und nach 2010 aufzeigen. Natürlich sind die Begriffe noch erläuterungsbedürftig und ich werde laufend Aktualisierungen vornehmen.

2010 - Stand der Technik (Schweiz/Europa)

Standard: STR-Profile

Ergebnisse aus der sogenanten Kurztandemwiederholung aus Blut, Speichel und "Touch DNA". Abgleich in der nationalen Datenbank der Schweiz CODIS bei fedpol.

Markerumfang Europa (ESS)

Dabei geht es im Wesentlichen um die Geschlechtsbestimmung. Damals die (erweiterte) European Standard Set-Loci. Mehrere Labore stellten 2009 - 2012 auf grössere Multiplex-Kits um. Daraus ergibt sich eine verbesserte internationale Vergleichbarkeit (ScienceDirect, u.a.).

Austausch über Grenzen

In der EU liefen seit 2008 die Prüm-Entscheidungen für den automatisierten DNA-Abgleich. Damit wurden "Treffer/kein Treffer"-Anfragen zwischen den Staaten standardisiert (EUR-Lex).

Schweiz und Austausch

Die Schweiz ist bekanntlich nicht EU-Mitglied, aber seit Jahren bei Prüm-Kooperationen angedockt und somit vertraglich gebunden. Heute ist diese Kooperation instutionalisiert (eucrim.eu, u.a.).

Sonderverfahren

Y-STR/mtDNA waren möglich (v. a. für Spuren mit wenig bzw. alter DNA). Low-Template/miniSTR wurde vorsichtiger genutzt, da Kontaminations- bzw. Interpretationsrisiken gab. (Allg. ENFSI-LKontext, enfsi.eu).

Grenzen 2010

  • Schwierige Mischspuren wurden meist mit konservativen Schwellenwert-Methoden bewertet (vor dem Durchbruch probabilistischer Software).
  • Phänotypisierung (Aussehen/Alter/Ancestry) war in CH nicht erlaubt.
  • Familienbezogene Suchläufe waren rechtlich ungeklärt/selten. (Heute geregelt, siehe unten.) ScienceDirect

Heute (ab 2023) - was sich in CH/EU verbessert hat

Mehr Vergleichbarkeit & Trefferkraft

EU-weit weiterentwickelte Sets/Mehr-Loci, harmonisierte Datenbank-Guidelines (ENFSI 2023). Praktisch: bessere Diskriminationskraft, robustere internationale Vergleiche (enfsi.eu).

Schweiz: Phänotypisierung jetzt zulässig (seit 1. 8. 2023)

Aus DNA-Spuren dürfen Auge/Haar/Hautfarbe, biogeografische Herkunft und Alter (Schätzung) bestimmt werden – stets probabilistisch, kein „Phantombild“. Rechtsgrundlage: revidiertes DNA-Profil-Gesetz (Fedlex+2SWI, swissinfo.ch, u.a.).

Besseres Mischen-Handling: Probabilistisches Genotyping

Zum Beispiel STRmix, TrueAllele. Hat sich in Europa durchgesetzt; Mischspuren und schwache Spuren können heute statistisch konsistenter ausgewertet werden (ENFSI-Praxis; aktuelle Studienlage).

Schnellerer grenzüberschreitender Abgleich

Prüm wird mit „Prüm II“ modernisiert (Automatisierung/Qualitätsauflagen), was den EU-Abgleich beschleunigt; die Schweiz beschreibt parallel ihren Datenfluss (Interpol/Prüm-Schnittstellen). (europarl.europa.eu, u.a.)

Was die USA (teilweise) weiter treiben – und in CH/EU (noch) anders ist

20 CODIS-Kernloci (seit 2017)

Die USA haben das nationale Set auf 20 Loci erweitert. Das ist besser gegen Zufallstreffer und ist rückwärtskompatibel (Law Enforcement, u.a.)

Rapid DNA (Booking-Station)

Buchungs-DNA von Festgenommenen wird vor Ort profiliert und gegen CODIS geprüft – keine Tatort-Spuren in Rapid-Geräten, nur Referenz-Wangenabstriche; rechtliche Basis: Rapid DNA Act 2017 + FBI-Vorgaben. (govtrack.us, Law Enforcement, u.a.).

Forensic/Investigative Genetic Genealogy (FGG/IGG)

Nutzung genealogischer SNP-Datenbanken (GEDmatch u. a.) zur Verwandten-Suche bei ungeklärten schweren Delikten; DOJ-Interimpolicy 2019 regelt Einsatz (nur schwere Gewaltfälle, klassische Methoden zuvor ausschöpfen). In Europa stark datenschutz-limitiert; punktuell Zulassungen (z. B. NL-Gerichtsentscheid 2023 für zwei Cold Cases).(justice.gov, justice.gov, u.a.)