Ort: Mollis, GL · Datum: 31.07.1997 · Fall: Tötungsdelikt

GL: Das Tötungsdelikt an einem unbekannten Mann (ca. 40)

Am 31. Juli 1997 meldet sich eine Anwohnerin der Kerenzerbergstrasse in Mollis bei der Polizei. Sie macht den Polizisten darauf aufmerksam, dass bei einem Baum ein fauliger Geruch festzustellen sei. Ein Polizist geht der Sache nach und entdeckt im Geäst eines Baumes drei eingeklemmte Koffern, von denen eben dieser faulige Geruch ausgeht. Beim Bergungsversuch fällt im einer der Koffer herunter und öffnet sich. Ein auf der Seite aufgerissener Müllsack kommt zum Vorschein. Beim genaueren Hinsehen entdeckt er, dass es sich um Leichenteile handelt. Sogleich holt er die beiden anderen Koffer vom Baum, verstaut diese in den Kofferraum und fährt sofort zum Polizeiposten nach Näfels zurück. Umgehend informiert dieser Willy Elmer und Rudolf Gubser von der Kantonspolizei in Glarus. Den beiden Kriminalpolizisten bietet sich ein schreckliches Bild. Das nackte Gesäss eines Menschen.

Ein Leichenwagen wird gerufen. Die Körperteile in den Koffern werden nach Zürich in die Gerichtsmedizin transportiert. Rolf Gubser, Kriminaltechniker, begibt sich am 1. August 1997 nochmals an den Fundort der Koffer. Eine intensive Spurensicherung rund um den Fundort findet offenbar nicht statt. Möglicherweise die Chance vertan, am Baum Faser- oder Fremd-DNA festzustellen? Durchaus denkbar, wenn man berücksichtig, dass ja jemand in den Baum gestiegen sein muss. Zudem lässt sich vermuten, dass die Koffer nicht gerade leicht waren (der Polizist hatte Probleme beim Sicherstellen) und somit angenommen werden kann, dass eine weitere Person von unten die Koffer hinaufgereicht haben müsste. Somit kann vermutet werden, dass zwei Personen an der Beseitigung des Opfers beteiligt waren. Ob es sich bei einer dieser Personen auch um den Täter handelt, muss nicht zutreffen. Es ist vorstellbar, dass sie vom Täter angewiesen wurden, das Opfer entsprechend verschwinden zu lassen.

Abb. 01

Abb. 01: Bildcollage der Zeitschrift Südostschweiz vom Tatort zur Doku-Reihe True Crime, dazu Zeitungsausschnitt von Blick und einem Koffer und dem Schloss, Bilder der Kantonspolizei Glarus

Überblick wo wir uns befinden

Mollis ist der westliche Ausgangspunkt der Kerenzerpass-Strasse, die an der Südflanke des Walensees entlang in Richtung Rheintal führt. An der Kerenzerbergstrasse liegt auch der Weiler Beglingen der seit je her zu Mollis gehört.

Abb. 02

Abb. 02: Kartenausschnitt Mollis, Kerenzerbergstrasse

Abb. 03

Abb. 03: Kartenausschnitt

Feststellungen der Gerichtsmedizin Zürich

Die Leichenteile selbst sollen schon stark verwest gewesen sein, was logisch erscheint. Immerhin war die Geruchsentwicklung bereits sehr stark und es doch eine gewisse Zeit braucht, bis der Leichengeruch in der Umgebung wahrgenommen werden kann. Keine Angaben gibt es zum Todeszeitpunkt des Getöteten. Es kann also nur darüber spekuliert werden, ob die Koffern eine bestimmte Zeit lang, irgendwo gestanden haben müssten bis sie an den Fundort verbracht wurden. Dies insbesondere weggen des einsetzenden Leichengeruchs. Das alter wird zuerst mit ca. 40 Jahren angegeben. In der Sendung Aktenzeichen XY undgelöst... wird dieses dann zwischen 40 - 60 Jahren angegeben. Die Grösse des Opfer soll aber von kräftiger Statur gewesen sein. Erstaunlich ist, dass kein einziger Leichenteil fehlt. Alles, selbst die Innereien, wurden in kleine Plastiktüten eingepackt. Der Hals des Toten wies Würgemale auf, die aber nicht zum Tod geführt haben sollen. Trotzdem ist dies das entscheidende Indiz dafür, dass es sich um einen Mord gehandelt haben muss. Ebenso ein kräftiger Schlag auf den Brustkorb war aufgrund der Spuren nachzuweisen. Es wurden Fingerabdrücke gemacht und eine DNA-Analyse durchgeführt.

Forensische Einschätzung

Abb. 05

Abb. 04: Kurzansicht der forensischen Einschätzung

Die drei Koffer (in der Tasche befanden sich vermutlich die Effekte), in denen sich die sterblichen Überreste befanden, waren zwischen den Astgabeln eines alten, dicht belaubten Baumes verkeilt. Der Standort lag im Schatten, jedoch in einem von Wärme und Feuchtigkeit geprägten Mikroklima. In den Tagen vor der Entdeckung herrschten im Glarnerland ungewöhnlich hohe Sommertemperaturen von über 30 Grad. Diese Bedingungen beschleunigten die Zersetzung des Körpers deutlich.

Nach forensischer Erfahrung setzt die Gasbildung und damit die Geruchsentwicklung bei solchen Temperaturen bereits innerhalb weniger Tage ein. Da einer der Koffer nicht vollständig dicht war – was sich zeigte, als er beim Herunternehmen zu Boden fiel und aufsprang – konnten Fäulnisgase nach aussen dringen. Der charakteristische Verwesungsgeruch dürfte dadurch schrittweise entweicht sein, bis er schliesslich von Passanten unter dem Baum wahrgenommen wurde.

Unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse und der beschriebenen Umstände ist anzunehmen, dass die Koffer mindestens ein bis zwei Wochen vor ihrer Entdeckung dort platziert worden waren. Eine wesentlich längere Liegezeit ist unwahrscheinlich, da sonst deutliche Spuren von Sickerflüssigkeit oder Insektenaktivität sichtbar gewesen wären.

Die Lage in der Baumkrone erschwerte die Wahrnehmung zusätzlich: Der Bereich war kaum einsehbar, und die ungewöhnliche Platzierung liess keinen unmittelbaren Verdacht aufkommen. Erst der zunehmend intensive Geruch führte letztlich zur Entdeckung des Tatorts – einem Fundort, der aufgrund seiner Absonderlichkeit bis heute zu den ungewöhnlichsten Fällen der Schweizer Kriminalgeschichte zählt.

Der Tatort

Der Ablageort der Leichenteile ist offensichtlich nicht der Tatort. Die Leichenteile müssen dort auch schon eine gewisse Zeit platziert worden sein. Irritierend ist auch, dass die Koffer sichtbar in einem Baum zwischen in den Gabelungen der Äste eingeklemmt wurden. Trotzdem hat die Anwohnerin zuerst den Geruch festgestellt, konnte diesen aber offenbar nicht zuordnen. Auch sonst schien sich niemand zuvor über Koffern in den Astgabelungen des Baumes zu wundern. Dass es sich bisher um eine unbekannte männliche Leiche handelt, kann weder über sein Umfeld, sein Wohnort, sein Arbeitsplatz oder über mögliche Tatorte etwas herausgefunden werden.

Heutige Situation am Fundort

Der genaue Ablageort der Koffer an der Kerenzerbergstrasse lässt sich heute nicht mehr eindeutig bestimmen. Der Fund lag gemäss damaligen Angaben noch auf dem Gemeindegebiet von Mollis, an einem Abschnitt der Strasse zwischen Weid und Haltli. Das bekannte Foto aus der Presse zeigt einen einzelnen, alten Laubbaum oberhalb der Fahrbahn, in dessen Astgabeln die beiden Koffer verkeilt waren.

Seit den späten 2010er-Jahren wurde dieser Strassenabschnitt mehrfach saniert. Ab 2018 erfolgten umfangreiche Bauarbeiten zur Erneuerung von Leitungen und Stützmauern (Abschnitt Weid–Haltli, Stützmauer Britterwald), gefolgt von weiteren Deckbelagssanierungen zwischen 2020 und 2022. Dabei wurden Trassee und Böschungen teilweise verändert, sodass die ursprüngliche Geländesituation nicht mehr vollständig nachvollzogen werden kann.

Das Gelände entlang der Kerenzerbergstrasse hat sich durch diese Eingriffe sichtbar verändert. Einzelne Bäume, darunter möglicherweise auch der ursprüngliche Fundbaum, wurden im Zuge der Arbeiten entfernt oder durch Hangkorrekturen verändert. Der historische Tatort gilt daher als nicht mehr eindeutig lokalisierbar. Lediglich anhand von Pressebildern und der Beschreibung der Lage kann der ungefähre Bereich zwischen den Koordinaten (2’724’302 / 1’217’706) bzw. (2'725'081.83 / 1'219'301.12) als wahrscheinlich angenommen werden.

Das Opfer

Die gerichtsmedizinischen Untersuchungen ergeben, dass es sich um eine männliche Leiche handelt. Das Alter wird bei ca. 40 Jahren geschätzt. Stammen soll das Opfer aus dem asiatisch-tibetischen Raum. Ebenso konnte festgestellt werden, dass er offenbar starker Raucher gewesen sein muss.

Zur Person selbst, kann man über die vorhandenen Informationen hinaus nur spekulieren. Möglicherweise wurde er durch Schleuser in die Schweiz gebracht. Ein Reisepass oder andere Dokumente waren nicht bei den sichergestellten Fundsachen, was in gewissem Masse logisch erscheint. Der Pass könnte ihm aber schon von den Schleusern abgenommen worden sein, um ein Druckmittel in den Händen zu haben. In der Regel bleiben diese Menschen von den Schleusern abhängig, bleiben das für die Schleusung Geld schuldig und müssen diese Schulden abarbeiten. Möglich ist demnach, dass er mit der Situation unzufrieden war und sich dagegen wehren wollte, ja sogar den Schleusern drohte, alles auffliegen zu lassen. Hier kann auch das Tatmotiv verborgen liegen: Niedere Beweggründe durch Vertuschung einer Straftat.

Da gar nichts über die Herkunft und schon gar nichts über den Wohnort des Opfers bekannt ist, wäre es auch durchaus möglich, aber sicher hochriskant für den Transport, dass das Opfer nicht in der Schweiz gewohnt hat. Falls dies eine Möglichkeit wäre, könnten die Leichenteile auch vom Ausland in die Schweiz gebracht worden sein.

Beweismittel: Persönliche Effekte

Folgende Gegenstände befanden sich in den Koffern:

  • Ein kleines auffälliges Schloss, verziert mit einem Ginkoblatt. Das Opfer könnte es für einen Spint am Arbeitsplatz benutzt haben.
  • Abb. 05

    Abb. 05: Vorder- und Rückseite des Schlösschens

  • Eine Halskette aus schwarzen Kügelchen (Material unbekannt, wohl Glas) mit drei Steinen als Anhängern (Glas). Auffällig: Keine Symmetrie: Der linke Anhänger hat nur an der linken Seite ein etwas grösseres goldiges Kügelchen.
  • Abb. 06

    Abb. 06: Schmuckstück Anhänger

  • Weisses Oberhemd bzw. Polo-Shirt, langarm: Mit Aufnäher, oben Krone, Hauptteil ein vierteiliges Wappen, unten der Schriftzug "BLEU", beidseitig Kranzornamenten.
  • Abb. 07

    Abb. 07: Weisses Oberhemd oder Polo-Shirt (Langarm)

    Abb. 07a

    Abb. 07a: Ausschnitt Emblem

  • Weisses Oberhemd bzw. Polo-Shirt, kurzarm: Ein Prägesymbol, oben Krone, ein runder Teil mit einem Fabelwesen.
  • Abb. 08

    Abb. 08: Weisses Oberhemd oder Polo-Shirt (Kurzarm)

    Abb. 08a

    Abb. 08a: Ausschnitt Emblem

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    Zu beiden Hemden bzw. Polo-Shirts geben die Ermittlungsbörden keine Informationen zur Herkunft und Marke bekannt. Hier eine Aufstellung möglcher Herkunftsländer:

    Abb. 08b

    Abb. 08b: Aufstellung möglicher Herkunftsländer

  • Ein Handtuch der Marke Weseta (Firma aus Engi)
Abb. 09

Abb. 09: Handtuch und Markenhinweis

Im Vergleich zu anderen Emblemen ist die Ähnlichkeit zur Marke Mark Lauren am augenscheinlichsten. Es dürfte sich daher im eine Nachahmung handeln, die den Markenschutz nicht verletzen soll. Zu dieser Zeit eine typische Vorgehensweise von Billigmarken aus dem asiatischen Raum.

Beweismittel: Drei Koffer und eine Tasche

Die Bilder der Koffer und der Tasche, in denen die Gegenstände und die Leichenteile eingepackt waren. Die Gegenstände stammen ursprünglich alle aus dem asiatischen Raum, ohne dass offenbar die genaue Herkunft ermittelt wurde. Auch diese Ggegenstände könnten natürlich einen klareren Hinweis auf die Herkunft des Opfers ermöglichen.

  • Bilder der drei Koffer und einer Tasche:
  • Abb. 10

    Abb. 09: Koffer, Farbe Rot oder ev. Orange

    Abb. 11

    Abb. 09: Koffer, Farbe Blau, mit roten Rändern

    Abb. 12

    Abb. 09: Koffer, Farbe Blau, mit hellblauen und türkisen Elementen

    Abb. 13

    Abb. 09: Tasche, Farbe Schwarz ev. auch sehr dunkles Blau

Die Ermittlungen

Es wird nichts darüber berichtet, was im ersten Jahr nach dem Mord unternommen wurde. Fakt ist, dass darauf verzichtete, ein Phantombild des Opfers zu veröffentlichen. Dies hätte vielleicht auch Informationen ausserhalb der tibetischen Gemeinschaft gebracht. Wie immer gibt es Vorbehalte dieser Möglichkeit gegenüber. Hier geht es aber nicht um den Täter, sondern um ein unbekanntes Opfer.

Bewegung in den Fall kommt erst dann, als der Ermittler Willy Elmer mit seiner Frau eine Thailandreise unternahm. Bei einem Ausflug besichtigten sie auch eine traditionelle Kampfschule. Bei der Führung erfuhren sie, dass im Kampf mit Stöcken niemals auf die Körpermitte gezielt würde. (Das Opfer hatte aber offenbar Merkmale von Schlägen auf der Brust). Dort befinde sich die Seele des Menschen. W. Elmer erinnerte sich daran, dass das Opfer nicht nur sauber und fachmännisch zerteilt wurde, sondern auch im Bauchbereich sauber und professionell ein chirurgischer Schnitt um den Bauchnabel herum zum Öffen der Bauchhöhle durchgeführt wurde, um die Organe zu entfernen. Somit vermutet W. Elmer ein religiöses Ritual hinter der Zerstückelung der Leiche.

Nach seiner Rückreise in die Schweiz, erfährt er zudem per Zufall, dass es tatsächlich der Wahrheit entspricht, dass es ein tibetisches Ritual gibt, bei dem die Leiche traditionell- nicht von einem Priester oder dergleichen - zerteilt, aber nicht zerstückelt werden. Dies würde aber wiederum bedeuten, dass eine weitere Person - ein tibetischer Priester, der die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hatte - von der Tat wusste oder eine solche zumindest hätte vermuten müssen. W. Elmer ermittelte in der Folge genauer bei der tibetischen Gemeinschaft. In welcher tibetischen Gemeinschaft er sich näher informiert hatte, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass er eine dieser Gemeinschaften besuchte und den Eindruck gewann, dass diese Gruppe mehr wusste, als sie zu erzählen bereit waren. Der Schutz der Gemeinschaft schien also über dem Bestreben zu stehen, dass der Täter oder die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Oder ist war schlicht Angst im Spiel, die so stark sein musste und noch immer ist, dass keine Person, die von der Tat etwas wusste, bis heute bereit ist, eine Aussage zu machen. Hier liegt wohl auch die einzige Hoffnung, dass der Fall noch aufgeklärt werden kann. Die Nachforschungen blieben aber im Ganzen bis heute erfolglos.

W. Elmer ist aber sicher zuzustimmen, wenn er einschätzt, was ihn irritiert. Allem voran natürlich die spezielle Lage des Fundortes. Im Unterschied zu anderen Tötungsdelikten, bei dem Täter die Leiche schnell verschwinden lassen wollen, wurden in diesem Fall die Koffer mit den Leichenteilen sorgfältig im dreigabeligen Baum drapiert. Elmer sieht darin einen gewissen Respekt gegenüber dem Toten, was bei einem grausamen Tötungsdelikt oder einem Mord eher unüblich ist.

Hypothese eines Totenrituals: Sky Burial

Tatsächlich existiert im tibetischen Kulturkreis ein solcher Bestattungsbrauch, der sogenannte Sky Burial (tibetisch Jhator – „den Vögeln überlassen“). Dabei wird der Körper des Verstorbenen durch speziell ausgebildete Bestattungsmeister, sogenannte Rogyapas, in einem festgelegten Ritual zerlegt und an Geier und andere Tiere verfüttert. Diese Praxis ist Ausdruck des buddhistischen Glaubens, dass der Körper nach dem Tod nur noch eine leere Hülle sei, während der Geist in eine neue Existenz übertritt. Der Ablauf erfolgt offen an dafür vorgesehenen Orten, häufig in der Nähe von Klöstern oder abgelegenen Felsplateaus.

Mit der Situation im Fall Mollis hat dieses Ritual jedoch keine inhaltliche oder rituelle Übereinstimmung. Beim Sky Burial wird der Körper nicht verborgen, sondern bewusst der Natur überlassen; es erfolgt keine Verpackung oder kein Verstecken, und es gibt keinen Anlass, Leichenteile in Koffern oder Taschen zu deponieren. Auch in anderen asiatischen Regionen – etwa in Bhutan, Nepal oder der Mongolei – sind zwar ähnliche Exkarnationsriten bekannt, doch nirgends ist das Verpacken oder Verbergen von Körperteilen Bestandteil der Tradition. Vielmehr steht stets die sichtbare Übergabe an die Elemente oder Tiere im Vordergrund.

Die Annahme eines religiösen Hintergrunds wurde von den Ermittlungsbehörden geprüft, konnte jedoch nicht bestätigt werden. Keine der befragten Quellen aus dem tibetischen Kulturraum erkannte in der Art der Zerteilung oder in der Fundumstände eine Parallele zu bestehenden Ritualen. Die Hypothese eines rituellen Totenbrauchs gilt daher als unwahrscheinlich. Die Merkmale sprechen forensisch eher für eine fachkundige Person – etwa mit medizinischer oder anatomischer Erfahrung –, die den Körper systematisch zerteilte, um ihn zu transportieren oder zu verbergen.

Fazit: Dass ein solches Ritual nur teilweise ausgeführt wird, also lediglich das Zerteilen der Leiche, ist also unwahrscheinlich. Es entspricht auch nicht der Tatsache, dass die Leichensteile verpackt würden.

Andere asiatische Traditionen mit „ungewöhnlichen“ Bestattungen

Es gibt einige Formen von Bestattung, die aus westlicher Sicht „ungewöhnlich“ wirken, aber nur teilweise etwas mit Zerteilen zu tun haben:

Mongolei, Bhutan, Nepal, Teile Indiens (Himalaya): Dort kommen Sky-Burial-ähnliche Riten vor – teils exakt derselbe tibetisch-buddhistische Hintergrund. Der Körper wird zerteilt und den Tieren überlassen, analog Tibet.

Zoroastrische „Towers of Silence“ im Iran, in Indien/Parsis: Auch hier werden Tote nicht bestattet, sondern auf erhöhten Plattformen Vögeln überlassen. Allerdings werden die Körper nicht von Priestern fein zerteilt und sicher nicht verpackt – es geht um Offenlegung.

Ritual-Mord-These: Herkunft Tibet möglich, aber weitere Nationalitäten oder Regionen kommen dann ebenso in Frage

Da bis zum heutigen Datum weder von der Kantonspolizei noch von der Staatsanwaltschaft neuen Erkenntnisse bezüglich der Herkunft des Opfers gemacht wurden, ist der Kreis von Ländern bzw. Regionen bezüglich der Herkunft des Opfers entsprechend der Darlegungen zu erweitern. Ob nun die neuen Möglichkeiten der DNA-Analyse und der Suche nach Übereinstimmungen mit wesentlichen Verbesserungen seit 2023 noch genutzt werden, ist unbekannt. Aber dem Fall droht die Verjährung am 31. Juli 2027. Will man die aus einer solchen Analyse gewonnenen Ergebnisse noch ermittlungstechnisch nutzen, wäre es dringend an der Zeit, diese Untersuchungen zu machen. Die wahrscheinlichste Hypothese - Mord aus dem Schleusermilieu, könnte auch bedeuten, dass die Täter die gleiche Nationalität haben, wie das Opfer. Dies ist bei der Ritual-Mord-Hypothese bestätigt worden.

Probleme der „Touristen-Hypothese“

Wenn man Elmers Idee überdenkt – der Mann sei als Tourist/Kurzaufenthalter in der Schweiz gewesen –, dann stellen sich ein paar harte praktische Fragen:

  • Tatort & Zerstückelung: Für diese Art von Zerteilung braucht man Zeit, Ruhe, Werkzeuge, Wasser, einen Ort, wo Blut und Gewebe nicht sofort Spuren hinterlassen, die jemand meldet. Das ist nichts, was man mal eben in einem Hotelzimmer oder Ferienappartement macht, ohne dass Reinigung, Nachbarn oder Vermieter etwas merken.
  • Sozialer Kontext: Ein Tourist ist normalerweise irgendwo gemeldet (Hotel, Camping, Reisegruppe, Tickets). Spätestens bei einer Interpol-Ausschreibung sollte es irgendwo eine Vermisstenmeldung oder eine Lücke in Reiseunterlagen geben – das blieb aber aus.
  • Motiv: Zufälliges Touristenopfer, dann noch diese hochaufwändige Zerstückelung und transportfähige Verpackung in Koffer? Das ist extrem „aufwendig“ für eine spontane Tat. Für so etwas braucht es Beziehung(en) Planung oder mindestens eine gemeinsame Szene (Kriminalität, Schulden, Konflikte).

Fazit: Nur touristischer Kurzaufenthalt erklärt weder Motiv noch Logistik wirklich überzeugend.

Kritische Würdigung der "Schleuser-Hypothese"

Idee: Der Mann wurde mutmasslich eingeschleust, also als irregulärer Migrant über Schleuserstrukturen nach Europa / in die Schweiz gebracht – und im Rahmen dieses Milieus getötet.

Was wir sicher wissen (aus Forschung und Behördenberichten): Bereits seit den 1980er/90er-Jahren sind in der Schweiz professionelle Schleusernetzwerke aktiv, die u. a. Migranten aus asiatischen Ländern über komplexe Routen nach Westeuropa bringen. Diese Netzwerke organisieren Transport, falsche Papiere, Unterkünfte (Schleuserwohnungen) und kassieren hohe Summen. Gewalt, Drohungen, Freiheitsberaubung, Ausbeutung (v. a. Arbeits- und sexuelle Ausbeutung) sind in diesem Umfeld dokumentiert – auch in der Schweiz.

Ort der Zerstückelung: Eine Schleuserwohnung, ein „Safe House“ oder eine Hinterzimmer-Struktur bietet genau das, was man braucht: abgeschlossene Räume, Zeit, niemand schaut hin. Vvielleicht sogar ein Restaurantbetrieb mit Küche. Dass die Schnitte sehr sauber sind, könnte bedeuten: im Netzwerk gibt es jemanden mit medizinischer/anatomischer oder fleischverarbeitungtechnischer Erfahrung (oder man nutzt einen Ort, wo Werkzeug und Know-how vorhanden sind).

Motiv im Schleusungskontext: Schulden oder „Nichtzahlen“ von Schleusungsgebühren, Konflikte innerhalb der Gruppe, der Mann weiss zu viel (z. B. über Routen, Hintermänner), interne Bestrafung / „Exempel“, wobei der Leichnam entsorgt werden muss.

Fehlende Vermisstenmeldung: Wenn Familie oder Umfeld in einem Herkunftsland lebt, wo Vertrauen in Behörden gering ist oder Migration an sich illegal/halb-illegal war, wird oft keine Vermisstenanzeige erstattet. In vielen Schleusungsfällen tauchen Personen in den Statistiken nur als „irreguläre Migranten“, nicht als Vermisste auf.

In diesem Szenario wäre der Mann nicht Zufallsopfer, sondern Teil eines kriminellen/irregulären Settings, in dem Gewalt zur „Konfliktlösung“ eingesetzt wird. Die aufwändige Zerstückelung wäre dann nicht Ritual, sondern reine Logistik: Transport in handliche Koffer, verschleierte Entsorgung, mögliche Zwischenlagerung. Offensichtlich hatte der Täter / hatten die Täter kein Interesse daran, dass die Leiche unentdeckt bleiben würde. Dies könnte gerade der Grund gewesen sein, einen Ritual-Mord vorzuteuschen. Im Ganzen bleibt die Vorgehensweise skuril, das der Aufwand des Zerstückelns und Verpackens nicht dazu passt, dass das Opfer wohl entdeckt werden sollte.

Fazit: Bis heute gibt es aber keine publizierte Ermittlungsergebnisse, die einen konkreten oder andeutungsweise erwähnten Schleuserring, Namen oder Strukturen mit dem Mollis-Fall verbindet. Alles, was ich dazu sagen kann, bleibt hypothetisch, wenn auch gut begründet.

Fall in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst vorgestellt

Im Dezember 1997 nutzte Willy Elmiger die Möglichkeit in der Sendung (Aufgenommen in Zürich) aufzutreten, um den Fall vorzustellen und Fragen an die Zuschauer zu richten.

Abb. 19

Abb. 12: Symbolbild Aktenzeichen XY ungelöst...

Beschreibung auf Wikixy Studiofall 3: Kapo Glarus - Unbekannter Toter; er wurde am 31. Juli 1997 in einem Waldstück im Kanton Glarus gefunden. Die Leiche war stark verwest, zerstückelt und in drei Koffern sowie einer Reisetasche verpackt. Die Gepäckstücke sind vermutlich asiatischer Herkunft. Außen an der Tasche befand sich ein Vorhängeschloss. Das Medaillon dieses Schlosses zeigt die Abbildung dreier Blätter eines chinesischen Baumes. In der Tasche lag ein Schmuckkettchen mit drei glasierten Anhängern. Ob sie dem Opfer gehörte, ist unklar. Der Tote war vermutlich asiatischer Herkunft, 40 bis 60 Jahre alt, ca. 170 cm groß und kräftig. - Belohnung: 2.000 SFr. Leider gibt es ausgerechnet zu diesem Fall keine Verlinkung zum Filmbeitrag oder zur ganzen Sendung. Ich habe diese bis jetzt nicht gefunden. Wesentliche Erkenntnisse sind sicher nicht zu erwarten.

Quellenangaben

  • Zeitung Südostschweiz (Glarner Nachrichten); Bericht vom 20.04.2024, Julia Benz
  • Polizeifotos der Kantonspolizei Glarus
  • Tibetisches Totenritual (Jhator / Sky Burial) – dokumentiert u. a. in: Bellezza, John V.: Death and Beyond in Ancient Tibet, 2013; Cantwell, Cathy & Mayer, Robert: Buddhism and Ritual in Tibet, Oxford 2008; Kaplanian, Carole: The Sky Burial Traditions of Tibet, 1998.
  • Vergleichende ethnologische Übersicht: Huntington, Richard: The Art of Dying: The Tibetan Tradition of Sky Burial, History of Religions, Vol. 19 (1980), S. 240–258;
  • UNICEF
  • Website Wikixy
  • ChatGPT und Medienrecherche CoCa-Schweiz
  • Übersichtskarten: map.geo.admin.ch

Die Ermittlungsbehörden sind dringend auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Wer bricht das Schweigen in diesem schrecklichen Mordfall? Helft mit, das Rätsel um den Tod dieses Menschen zu lösen! Die Verjährung tritt spätestens am 31.07.2027 ein!

Hinweise geben: Wenn Sie Informationen zu diesem Fall haben, nutzen Sie bitte das

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