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Ort: Altendorf, SZ · Datum: 27.02.2004 · Fall: Tötungsdelikt
Abb. 01: Portrait der ermordeten Patricia Wilhelm (†22)
Es ist ein kalter und nasser Wintertag. Das Reisebüro liegt an der Züricherstrasse in Altendorf (SZ). Wann genau die Tat geschah, ist unklar. Niemand hörte die Schüsse, die Bewohner vom 1. Stock waren ferienabwesend, wie auch die Chefin selbst. Patricia Wilhelm (†22) befand sich zur Tatzeit allein im Büro. Trotz dieser Tatsachen grenzen die Ermittler der Kantonspolizei Schwyz - wohl aufgrund von Ermittlungsergebnissen - die Tatzeit relativ genau ein. So soll Patricia Wilhelm (†22) zwischen 15.45 und 16.15 Uhr ermordet worden sein. Also nur gerade eine halbe Stunde, in der die Tat ausgeführt wurde. Vermutlich ist dies der Zeitraum zwischen ihrem letzten Telefongespräch und dem Auffinden des Opfers. Demnach also nur wenige Minuten nach der Tat entdeckten Kunden die Blutspur und alarmierten die Polizei. Als die Beamten eintrafen, konnten sie nur noch den Tod feststellen. Da neben ihrem Notiz- und Adressbuch auch eine Geldkassette gestohlen wurde, gingen die Ermittlungsbehörden zuerst von einem Raubmord aus. Schnell zeigte sich, dass es keinen Sinn macht, ein Reisebüro des Geldes wegen zu überfallen und dazu noch zu töten? Sinn machen würde ein Überfall schon eher bei einer Poststelle oder einer Bank. Somit rückt schnell das Motiv eines möglichen Beziehungsdelikts in den Vordergrund. Aktenzeichen XY ungelöst, bringt die Ermittler leider auch nicht weiter. Zuständig für die Ermittlungen sind damalige Kripo-Chef Stephan Grieder und der damalige Staatsanwalt Paul Schmidig.
Abb. 03: Ansicht des Reisebüros aus der Luft (Screenshot aus der ©SRF-Doku)
Weiter ist ist bekannt, dass ihr schwarzes Portemonnaie von Patricia Wilhelm (†22), darin Namen und Telefonnummern aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, sowie Bankkarten. Insbesondere fällt auf, dass offensichtlich nie ein Versuch unternommen wurde, mit den Bankkarten Geld abzuheben. Auch dies deutet darauf hin, dass es nicht um einen Raubmord geht. Hat das Opfer irgendetwas beobachtet, mitbekommen oder erfahren, was die Täter dazu veranlasste, sie sogar dafür zu töten?
Abb. 04: Gestohlene Gegenstände: Geldkassette und ihr Notitz- und Adressbuch
Wie bereits erwähnt, wurde rasch ein Raubmord eher ausgeschlossen. Natürlich darf bei den Ermittlungen kein Tatmotiv aussenvor gelassen werden. Aber gewisse Motive machen eher wenig bis keinen Sinn, andere schon. Dies heisst nicht, dass man Motive gänzlich ausser Acht lassen dürfte. Bis ein Tatverdächtige vernommen werden kann, müssen alle wahrscheinlichen Motive berücksichtigt werden. Die Ermittler stellen fest, dass Patricia Wilhelm (†22) mit Sicherheit vor der Tat noch zwei Telefonate führte. Sie rief ihre Freundin in Australien an, ebenso ihre Chefin. Irgendetwas wollte sie mitteilen, aber offensichtlich schon zum Zeitpunkt des Telefongesprächs. Daher ist davon auszugehen, dass Patricia Wilhelm (†22) Probleme in ihrem Umfeld hatte. Bedauerlich ist, dass sich Patricia Wilhelm (†22) nicht wenigstens bereits ihrer Freundin anvertraut hatte. Sie konnte ja grundsätzlich frei sprechen, da sie alleine im Büro war. Oder aber, sie rechnete vielleicht mit dem baldigen Eintreffen von Kunden, was sie gehemmt haben könnte. Ob die Person oder die Personen, welche das Opfer auffanden, vorgängig einen Termin vereinbart hatten, ist nicht bekannt.
Auf den Kleidern des Opfers sowie im Büro wurden zwei unterschiedliche DNA-Spuren gesichert. Diese müssen am Tatort derart aufgetreten sein, dass sie mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden konnten. Immerhin handelt es sich um ein Reisebüro, in dem ein einigermassen reger Kundenbetrieb zu erwarten ist. Demnach sind einige unterschiedliche DNA-Spuren zu erwarten. Ergebnis dieser Abklärungen war auf jeden Fall, dass an der Tat mutmasslich zwei Tatbeteiligte zugegen waren. Wie die Ermittlungsbehörden bekannt gaben, brachten die Vergleiche der Fremd-DNA mit Männern im Umfeld von Patricia Wilhelm (†22) keine Treffer. Damit implizieren die Ermittler gleichzeitig, dass es sich mutmasslich um zwei männliche Täter gehandelt haben muss.
Abb. 05: Bild der Spurensicherung am Tatort (Screenshot aus der ©SRF-Doku)
Abb. 06: Bild der Spurensicherung am Tatort (Screenshot aus der ©SRF-Doku)
Bei der Spurensicherung wurden zwei Patronenhülsen des Kalibers 7,62 x 25 Millimeter Tokarey oder Kaliber 7,63 x 25 Millimeter sichergestellt. Diese Munition kam vor allem in der Sowjetunion bzw. im Ostblock zum Einsatz.
Abb. 07: Ansicht der Patronenhülsen von oben (BKA Wiesbaden)
Abb. 08: Ansicht der Patronenhülsen von der Seite (BKA Wiesbaden)
Die Ermittler gaben sich zuerst verwundert, dass offenbar eine sehr alte Waffe benutzt wurde, mussten dann aber feststellen, dass diese Waffe eher häufig in der Schweiz verkauft wurde. Dafür war sicher einerseits die damalige Waffengesetzgebung verantwortlich. Andererseits musste berücksichtigt werden, dass zu dieser Zeit noch immer der Fall der Mauer und der Jugoslavienkrieg, vermehrt zu Waffenschiebereien mit solchen alten Waffen kam. Somit führte diese Besonderheit bei den Ermittlungen zu keinem Ergebnis. Die Tatwaffe konnte bis heute nicht sichergestellt werden. Offenbar kam diese auch nicht bei weiteren Delikten zum Einsatz, was die Vermutung bestärkte, dass es sich um ein Beziehungsdelikt handeln könnte. Auf alle Fälle wurden mehrere infrage kommende Waffen-Modelle vorgestellt.
Als erste mögliche Tatwaffe wurde folgendes Modell präsentiert: Der Revolver Nagant M1895. Dies verwundert mich. Bekanntlich werden bei Revolvern die Hülsen nicht ausgeworfen. Dass der Täter, welcher die Waffe benutzte, noch extra die Trommel öffnet, um die Patronen herauszunehmen und am Tatort zurückzulassen, scheint eher unwahrscheinlich. Man bedenke dabei, dass es wohl sehr schnell zur Schussabgabe gekommen ist und die Täter nicht viel Zeit zur Verfügung hatten. Diese Waffe wurde dann später aus naheliegenden Gründen nicht mehr als mögliche Tatwaffe vorgestellt.
Abb. 09: Revolver Nagant M1895
Als zweites mögliches Modell wurde folgende Waffe präsentiert: Die Mauser C96. Eventuell möglich, aber eine doch eher umständliche Waffe, besonders bezüglich des Magazins. Das Verstauen der Waffe am Körper scheint eher schwierig. Zwar wird hier die Hülse ausgeworfen, aber im Ganzen scheint dieses Modell nicht in Frage zu kommen.
Abb. 10: Revolver Nagant M1895
Dann wird in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst folgendes Modell vorgestellt: Die Czech CZ 52. Diese Waffe hat das Kaliber 7,62 Millimeter wurde in den Jahren 1952 bis 1957 im damaligen Tschechoslovakien hergestellt. Zu dieser Zeit war dies die Standardwaffe der tschechoslovakischen Streitkräfte. Dieses Modell würde ich als mutmassliche Tatwaffe favorisieren, da sie relativ klein und handlich ist. Sie lässt sich leicht auf dem Körper tragen.
Abb. 11: Pistole Czech CZ 52
Gegen Ende der Sendung meldete sich ein Zuschauer telefonisch. Noch in der Sendung wurde mitgeteilt, dass der Anrufer darauf hinwies, dass im Jahr 1998 eine identische Waffe inklusive identischer Munition in Deutschland bei einem Doppelmord zum Einsatz kam. Diese Information führte zur Schlagzeile "Töteten Wilhelms Mörder zwei weitere Menschen?" Die Ermittler gehen dem Hinweis nach. Doch bis heute scheint es, dass diese Spur keine neuen Hinweise auf die Täterschaft brachte. Zumindest wurde meines Wissens dazu nichts bekannt.
Tatsache ist, dass die Tatwaffe bis heute nicht gefunden wurde.
Im übrigen gibt es im Netz Berichte mit Screenshots der Sendung. Diese sind als solche ohne jede Bedeutung, denn die Filmaufnahmen zur Sendung wurden nicht am Originaltatort gedreht.
Bekannt ist, dass Patricia Wilhelm (†22) bereits die Lehre beim Reisebüro Arrow Tours in Altendorf gemacht hatte. Nach der Lehre wechselte sie in ein Reisebüro in Thalwil (ZH). Sie kehrte ein Monat vor der Tat zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber zurück. Ansonsten wurde nichts bekannt. Insbesondere über Ihr Leben, ihre Gewohnheiten und ihren Bekanntenkreis. Diesen Umstand sollte in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst etwas ausgeleuchtet werden. In dieser Richtung gab es aber keine bekannten Rückmeldungen.
In einem Bericht der Zürichsee-Zeitung aus dem Jahr des Tötungsdeliktes, wird unter dem Titel "Die Polizei steht vor einem Rätsel" zum ersten Mal der Name des Geschäftsinhabers genannt. Es ist Patrik Schweighauser. Dieser zeigt sich entsetzt darüber, dass Patricia Wilhelm (†22) nur wegen wenigen hundert Franken Opfer eines Raubmordes wurde. Er legt sich hier also schon fest, was zumindest verwundert. Vielleicht entspringt das Tatmotiv auch aus seinem Umfeld. Der Bericht hat einige Inkonsistenzen. Zum einen wird von mehreren Schussverletzungen geschrieben, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt klar war, das es genau zwei Schüsse waren, die auf Patricia Wilhelm (†22) abgegeben wurden. Zum anderen liegt das Reisebüro in diesem Bericht an der Churerstrasse. Dies ist falsch. Es ist vielmehr die Züricherstrasse 29.
Abb. 12: Ausschnitt Zürichsee-Zeitung aus dem Jahr 2004
In diesem Bericht von Blick mit dem Titel "Mord im Reisebüro - Muss Kommissar Zufall helfen?" wird ein Interview mit der Polizeikommandantin des Kanton Schwyz, Frau Barbara E. Ludwig, wiedergegeben. Nach wie vor gehen die Ermittler schwerpunktmässig von einem Raubmord aus. Meiner Meinung nach ist das falsch. Wie erläutert, stehen für mich eher zwei andere Motive im Vordergrund. Zum einen das Beziehungsdelikt, welches ich weniger favorisiere. Von einer Beziehung, in der es Probleme gegeben hätte, würde wohl eher etwas aufgefallen sein. Oder sie hätte sich sicher gegenüber ihrer Freundin gegenüber geäussert. Weiter hätte wohl das nähere Umfeld irgendetwas festgestellt. Andererseits vermute ich viel mehr, dass mit der Tat ein anderes Delikt verschleiert werden sollte. Es wird beschrieben, dass sie sich gegenüber ihrer Freundin, aber auch der Chefin gegenüber öffnen wollte, konnte dies aber nicht mehr. Daher steht auch die Frage im Vordergrund, ab welchem Zeitpunkt Patricia Wilhelm (†22) vielleicht eher unruhig wirkte. Gab es andere Delikte im Vorfeld und im Lebensbereich des Opfers, welche sie beobachtet haben könnte oder Kenntnis davon bekommen haben könnte. Eine weitere sogenannte harte These wäre noch, dass der Überfall gar nicht Patricia Wilhelm (†22) galt, sondern ihrer Chefin. Warum nicht? Sie war ferienabwesend. Möglicherweise haben die Täter dies gar nicht gewusst. Oder es war gar ein Auftragsmord mit dem falschen Opfer, aus welchem Grund auch immer. Sicher sind diese Gedanken nur Mutmassungen. Aber beleuchtet man diese Aspekte, könnten sich vielleicht weitere Personen an Vorkommnisse in dieser Zeit erinnern, die bisher gar nicht daran dachten, dass ihre Festellungen wichtig sein könnten.
Auch aus der neueren Ansicht des Tatortes wird klar: Die Täter gingen ein hohes Risiko ein. Es gab weitere Geschäfte in unmittelbarer Nähe. Trotzdem hat niemand die zwei abgegebenen Schüsse gehört. Auch die grosse Glasfront wars damals gut einsehbar, was bei Reisebüros auch so üblich ist. Es werden Reisen präsentiert und man soll sehen, dass auch umfangreiches Angebot an Reisekatalogen verfügbar ist. Dich niemand sah etwas. Auch hier vernehmen wir zum ersten Mal den Namen der "Chefin". Es ist Doreen Caflisch. Auch sie vertritt eine klare Meinung, denn sie schliess eine Täterschaft aus dem nahen Umfeld des Opfers kategorisch aus. Sie verlässt sich dabei auf den Eindruck, welchen sie aufgrund des Arbeitsverhältnisses hatte. Alle Kunden hätten sie sehr geschätzt, sie sei kompetent und immer freundlich zu den Kunden gewesen. Auch hätte das Opfer eine intakte und harmonische Beziehung gehabt. Dieser Hinweis lässt etwas aufhorchen. Offensichtlich war ihr eine Beziehung bekannt. Von einer solchen war ausser in diesem Bericht nirgends etwas erwähnt worden. Andererseits ist natürlich möglich, dass wir nicht genau erfahren, was sie damit wirklich gemeint hat. Interessant ist auch, dass Frau Caflisch darauf hinweist, dass sie oft bis spät nachts arbeiten würde und nie Probleme gehabt hätte. Welche geschäftlichen Abläufe dies notwendig machten, erfahren wir leider nicht. Aber dies relativiert, dass die Täterschaft aus Ihrem Umfeld kommen könnte. Falls diese das gewusst hätte, wären die Täterschaft wohl eher spät abends aufgetaucht. An dieser Stelle möchte ich zur Klarstellung darauf hinweisen, dass ich allgemein mit "Umfeld" nicht in erster Linie Familie, Verwandtschaft und Freundschaften meine, sondern vielmehr Vorkommnisse mit Bezug zur Person in den Blick nehme, die ein Tatmotiv zum Vorschein bringen könnte. Diese Personen rücken also nicht etwa als Verdächtige in den Fokus. Dies muss klar sein. Allerdings meine ich, dass sich Schweighauser und Caflisch mit ihren Einschätzungen hätten zurückhalten sollen.
Abb. 13: Neuere Ansicht des Tatortes an der Züricherstrasse 29 aus Google Maps
Video 1: ©SRF - DOK - Play SRF, 21.07.2025, 51 Minuten, "Ungelöste Verbrechen", Sendung vom 4. September 2019, Beitrag Patricia Wilhelm (†22) ab Minute 37:20
Video 2: ©Tele-Züri, "Der ungelöste Mordfall aus Altendorf", Sendung vom 4. September 2019
Aufgrund der Ausstrahlung eines Beitrags bei Aktenzeichen XY ungelöst, werden folgende Fragen an die Öffentlichkeit gerichtet:
Für Hinweise, die zur Aufklärung des Verbrechens führen, ist eine Belohnung von 5.000 Schweizer Franken (ca. 4.500 Euro) ausgesetzt.
Hinweise bitte an das Bundeskriminalamt in Wiesbaden unter der Telefonnummer +49(0)611/55-11155.
Da ich die Aktualität der Telefonnummer in Frage stelle, gegebe ich hier die aktuellen Koordinaten bekannt (Stand 31.10.2025):
Postanschrift: Bundeskriminalamt, 65173 Wiesbaden
Tel.: +49(0)611/55-0
Fax: +49(0)611/55-12141
Diese Angaben sind dem Umstand geschuldet, dass der Fall in der Sendung Aktenzeichen XY ungelöst vorgestellt wurde.
Leider scheint weder die Kantonspolizei noch die Staatsanwaltschaft Schwyz eine Seite zu führen, unter dieser auch das Tötungsdelikt an Patricia Wilhelm (†22) behandelt wird und den aktuellen Stand der Ermittlungen nachführt. Damit vergeben die Ermittler die Chance, weitere klare Fragen an die Bevölkerung zu formulieren, welche die Ermittlungen weiterbringen könnten.
Aber hier zur Ergänzung die Angaben der Kantonspolizei Schwyz für Hinweise zum Fall (Stand 31.10.2025):
Kantonspolizei Schwyz
Bahnhofstrasse 7
Postfach 1212
431 Schwyz
Tel.: +41 (0)41 819 29 29 (24h in bediehnt)
E-Mail: kapo@sz.ch
Kontakt
Bruno Suter
Polizeikommandant
Zentrale:
+41 (0)41 819 28 67
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